Sekundarstufe II

Prinzipiell wird das Abitur an den „normalen“ Schulen absolviert, was sich darauf auswirkt, dass in Zusammenhang mit dem Abitur nachholen auch diese Option ins Auge gefasst werden muss. Konkret ist damit das Absolvieren der Sekundarstufe II als zum Abitur führendes Schulsystem gemeint.

Doch ganz so einfach, wie sich dies primär anhört, ist das Abitur nachholen über die Sekundarstufe II leider nicht. Denn viele verschiedene Aspekte fließen in diese Thematik mit ein.

So müssen die zeitlichen Rahmenbedingungen der interessierten Person optimal sein und den Vollzeitschulbesuch samt eigenständiger Lernphasen, was beides typisch für das Abitur im Rahmen der Sekundarstufe II ist, optimal passen. Außerdem macht das Ende der Schulpflicht vielen Interessenten einen Strich durch diese Abiturrechnung. Denn jenseits der Schulpflicht einen Platz in einer gymnasialen Oberstufe des Regelschulsystems zu ergattern, ist weit weniger einfach, als man meinen könnte.

Abitur über den „normalen“ Schulbesuch

Und nicht zuletzt fließen die Fragen, ob man die gesetzten Voraussetzungen generell mitbringt und auch die zeitliche Dauer des nachgeholten Abiturs innerhalb der Sekundarstufe II problemlos in Kauf nehmen kann, in diese wichtige Entscheidung ein.

Nichtsdestotrotz darf man als Interessent des Abitur Nachholens gerne einen intensivierten Blick in Richtung Sekundarstufe II werfen, denn glücklicherweise stehen hier vielfältige Ansprechpartner, sprich ausführende Instanzen, zur Verfügung und die eigentliche Entscheidung muss erst unter Abwägung aller Vor- und Nachteile getroffen werden.

Zielgruppe und Voraussetzungen für die Sekundarstufe II

Innerhalb des großzügigen Bildungssystems der Bundesrepublik gibt es verschiedene Wege, die zum Abitur führen. Genau aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass die unterschiedlichen Maßnahmen ihr Angebot auf spezielle Zielgruppen ausrichten.

So auch die Sekundarstufe II im Rahmen des regulären Schulbesuchs. Sie ist mit dem Abiturziel primär konzipiert für

  • Heranwachsende, welche bereits ab der 5. Klasse die entsprechende Schule besuchen und
  • junge Menschen, die nach dem Erwerb des mittleren Bildungsabschlusses in einer anderen Bildungsinstitution nun das Abitur anstreben.

Damit ist die Sekundarstufe II primär für junge Menschen ausgelegt, die im Rahmen ihrer Vollzeitschulpflicht auf dem ersten Bildungsweg das Abitur erreichen wollen.

Dennoch gilt auch hier das Prinzip, dass die Ausnahme eben die Regel bestätigt. Denn viele gymnasiale Oberstufenanbieter sind durchaus bereit, auch den zweiten Bildungsweg zu unterstützen und entsprechende Interessenten in die Sekundarstufe II aufzunehmen. Vorrangig geschieht dies jedoch unmittelbar nach deren Erwerb des mittleren Bildungsabschlusses und anschließend erfolgreich absolvierter Berufsausbildung. Nur selten trifft man in der gymnasialen Oberstufe des „normalen“ Schulsystems Menschen an, die ihr Abitur im fortgeschrittenen Alter nachholen möchten.

Selten heißt nicht unmöglich

Auch wenn das Konzept der gymnasialen Oberstufe eindeutig auf junge Menschen ausgerichtet ist, so sollte diese Tatsache einen Interessenten des Abitur Nachholens nicht abschrecken. Denn grundsätzlich steht auch ihnen dieser Weg zur Verfügung.

Allerdings sollte man dabei die elementaren Grundvoraussetzungen beachten, die es zu erfüllen gilt, möchte man den Einstieg in die gymnasiale Oberstufe eines Gymnasiums oder einer Gesamt- oder Gemeinschaftsschule erreichen. Diese beinhalten:

  • den mittleren Bildungsabschluss, erworben über die Sekundarstufe I oder
  • den mittleren Bildungsabschluss, erworben über einen vorhandenen Hauptschulabschluss plus abgeschlossene Berufsausbildung unter Einhaltung eines definierten Notendurchschnitts und daraus resultierend die Anerkennung des mittleren Bildungsabschlusses oder
  • das erfolgreiche Ablegen einer Nichtschülerprüfung der Sekundarstufe I und dadurch erfolgreichen Erwerb des mittleren Bildungsabschlusses. .

Darüber hinaus ist der Nachweis zweier erlernter Fremdsprachen für das Ziel der allgemeinen Hochschulreife im Rahmen der Sekundarstufe II erforderlich. Bei angestrebtem Besuch eines fachbezogenen Gymnasiums ist eine nachgewiesene Fremdsprache ausreichend.

Außerdem kommt die Einhaltung eines vorgegebenen Notendurchschnitts hinzu. Dieser sollte innerhalb der Hauptfächer 3,0 nicht überschreiten. Auch die Nebenfächer sollten in der Gesamtheit diesen oder einen besseren Notendurchschnitt ergeben. Eine mangelhafte Abschlusszeugnisnote ist ein klares Ausschlusskriterium.

Die Einhaltung des erforderlichen Notendurchschnitts wird von vielen Bildungsstätten der Sekundarstufe I mit einer Berechtigungsbescheinigung für den Besuch der gymnasialen Oberstufe bezeugt.

Vor- und Nachteile des nachgeholten Abiturs über die Sekundarstufe II

Insgesamt gibt es einige Punkte, die ganz eindeutig für das Nachholen des Abiturs über die klassische Sekundarstufe II sprechen. Allerdings sollte man diese immer in eine Relation zu den vorherrschenden Nachteilen setzen, damit am Ende eine wirklich gut überlegte Entscheidung für oder gegen diesen Weg des Abitur Nachholens gefällt werden kann.

Die Vorteile im Überblick

Viele Aspekte sprechen eindeutig für das Abitur innerhalb der klassischen Sekundarstufe II:

  • Die Untergliederung in Einführungs- und Qualifizierungsphase ermöglicht einen leichteren Einstieg in das Lernen.
  • Das traditionelle Kurssystem erlaubt eine Themenakzentuierung entsprechend der eigenen Neigungen.
  • Dank dreijähriger Oberstufenphase und Vollzeitunterricht geht diese Abiturform recht zügig vonstatten.
  • Die Inhaltsvermittlung erfolgt im Unterricht. Die eigenständigen Arbeitsphasen dienen der Vertiefung und nicht der Erarbeitung von Lerninhalten.
  • Die allgemeinbildenden Fächer unterstützen die eigene Persönlichkeitsweiterentwicklung.
  • Innerhalb Deutschlands stehen flächendeckend Angebote zur gymnasialen Oberstufe zur Verfügung.
  • Die Unentgeltlichkeit des Schulbesuchs bedeutet bei dieser Abiturart den Verzicht auf etwaige Lehrgangsgebühren.

Nachteile sind nicht zu verachten

Wo Licht ist, da ist auch Schatten – auch beim Abitur nachholen über die klassische Sekundarstufe II:

  • Das Lernpensum ist enorm und für Menschen, deren letzter Schulbesuch bereits Jahre zurückliegt, kaum zu bewältigen.
  • Die gymnasiale Oberstufe richtet sich primär an junge Menschen, so dass man als Älterer nur selten gleichaltrige Kontakte knüpfen kann.
  • Allzu häufig bleibt der Zugang zur gymnasialen Oberstufe Menschen jenseits der Schulpflicht verwehrt.
  • Diese Art des Abitur Nachholens ist aufgrund Vollzeitunterricht und eigenständigen Lernphasen so zeitintensiv, dass nur eingeschränkt einer Berufstätigkeit zur Lebensunterhaltssicherung nachgegangen werden kann.
  • Die Kombination dieses Schulbesuchs mit einem Sozialleistungsbezug ist in der Regel nicht möglich.
  • Trotz fehlender Kursgebühren ist aufgrund von Lernmittelanschaffungen mit hohen Kosten zu rechnen.

Kostenpunkte der Sekundarstufe II

Gerade wenn es um das Thema Abitur nachholen geht, stellt sich die Frage nach der Finanzierbarkeit dieses Vorhabens. Auch wenn ein Abiturerwerb über die Sekundarstufe II angestrebt wird, muss deshalb der Kostenfaktor berücksichtigt werden.

Dabei ist prinzipiell zwischen etwaigen Lehrgangsgebühren sowie den Kosten für Lernmaterialien und den Lebensunterhaltskosten zu unterscheiden.

Keine Schulgebühren in der Sekundarstufe II

Während einige Anbieter der Erwachsenenbildung im Rahmen des Abitur Nachholens Lehrgangsgebühren erheben, bleibt man von diesem finanziellen Aspekt innerhalb der Sekundarstufe II verschont.

Denn tatsächlich ist es so, dass das hiesige Bildungssystem so aufgestellt ist, dass die allgemeine Schulbildung kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Dies betrifft auch erwachsene Menschen, die ihr Abitur nachholen möchten. Folglich muss man keinen solchen Kostenpunkt in die Gesamtplanung des Abitur Nachholens über die Sekundarstufe II einfließen lassen.

Doch auch hier gibt es gewisse Ausnahmen: Gymnasiale Oberstufen an Privatschulen dürfen Schulgebühren erheben, die dann vom jeweiligen Schüler oder seinen Erziehungsberechtigten zu leisten sind. In der Praxis wirkt sich dies jedoch nur unwesentlich aus, da die meisten Träger privater Schulen dem kirchlichen Sektor angehören und sich folglich ebenfalls nicht aus Schulgebühren finanzieren.

So positiv dieser Aspekt auch klingt, im Resultat ist er jedoch ein häufiger Grund, weshalb die Sekundarstufe II an allgemeinbildenden Schulen dem zweiten Bildungsweg verschlossen bleibt. Denn die Nachfragen von interessierten Schülern sind in der Regel so hoch, dass keine freien Schulplätze mehr zur Verfügung stehen und Erwachsene zum Abitur nachholen an darauf spezialisierte Institutionen, oftmals kostenpflichtiger Art, verwiesen werden.

Lernmittelkosten nicht vergessen

Auch wenn die gymnasiale Oberstufe an Regelschulen durch fehlende Kursgebühren überzeugen kann, so sollte man den gesamten Kostenfaktor dieses Wegs zum Abitur nicht vernachlässigen. Denn innerhalb der Sekundarstufe II werden neben spezialisierten Inhalten auch allgemeinbildende Fächer unterrichtet und für all diese Bereiche müssen Lernmaterialien angeschafft werden.

So muss man pro Schuljahr mit ungefähr 500 Euro Auslagen für Schulbücher rechnen, zu denen sich noch mehrere 100 Euro für Schreib- und Lernutensilien gesellen. Zwar bieten manche Bundesländer inzwischen eine kostenpflichtige, aber deutlich kostenreduzierte Schulbuchausleihe an, diese kann aber nur unter bestimmten Voraussetzungen durch Erwachsene in Anspruch genommen werden.

Lebensunterhaltskosten müssen gesichert sein

Die gymnasiale Oberstufe an Regelschulen ist eine zeitintensive Angelegenheit, die nur wenig Spielraum für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit lässt. Schließlich findet der Unterricht in Vollzeitform statt, wozu sich noch eigenständige Lernphasen gesellen müssen, möchte man das Abitur wirklich erfolgreich nachholen.

Dadurch bleibt leider wenig Raum, den Lebensunterhalt durch eine Vollzeitbeschäftigung zu sichern. Allenfalls ist die Ausübung eines Minijobs deshalb parallel zur Sekundarstufe II denkbar. Deshalb sollte man zuvor genau abklären, auf welche Art der Lebensunterhalt bestritten werden soll.

Dauer und Aufbau des Abiturs in der Sekundarstufe II

Wer das Abitur über die Sekundarstufe II nachholen möchte, der muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass dieser Abiturweg durchaus zeitintensiv ist. Denn während innerhalb der expliziten Angebote des Abitur Nachholens für Erwachsene inhaltliche Akzente gesetzt werden, zielt die gymnasiale Oberstufe darauf ab, den Heranwachsenden im Zuge der Vollzeitschulpflicht mit einem eben solchen Vollzeitunterricht nicht nur prüfungsrelevante Themen zu vermitteln, sondern gleichzeitig auch durch Allgemeinbildung einen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung zu leisten. Dies alles erfordert natürlich eine gewisse Zeit, die sich in einem prall gefüllten Lehrplan widerspiegelt.

Damit man das Prinzip Sekundarstufe II besser verstehen und so eine fachlich fundierte Entscheidung für oder wider diese Option des Abitur Nachholens fällen kann, sollte man sich unbedingt mit dem Aufbau der Sekundarstufe II auseinander setzen.

Drei Jahre führen zum Abitur

In den letzten Jahren wurden in den Medien immer wieder Meldungen laut, die sich mit der Debatte um die Einführung des G8 anstelle des klassischen G9s in manchen Bundesländern befassten. Dabei ging es im Konkreten darum, ob es sinnvoll ist, die Abiturprüfungen nicht wie bisher nach insgesamt 13 Schuljahren abzulegen, sondern nunmehr bereits nach 12.

Eine Einigung zu diesem Thema ist zwar noch nicht in Sicht, allerdings tangieren diese länderdifferenten Regelungen die gymnasiale Oberstufe, also die Sekundarstufe II, nur in minimalem Ausmaß. Menschen, die das Abitur nachholen, bleiben davon sogar gänzlich unberührt.

Trotz aller Neuerungen ist nämlich eines geblieben: die gymnasiale Oberstufe dauert drei Jahre. In Ländern, die das G8 praktizieren, findet sie somit in den Schuljahren 10, 11 und 12 statt, in G9 Regionen bleibt die gymnasiale Oberstufe weiterhin in den Klassenstufen 11, 12 und 13 verortet.

Die Aufgliederung der drei Oberstufenjahre erfolgt in

  1. die Einführungsphase in der Klassenstufe 10 beziehungsweise 11 und
  2. die Qualifizierungsphase in den Klassenstufen 11 und 12 beziehungsweise 12 und 13.

Die Einführungsphase soll eine allgemeine Vorbereitung auf die intensivierte Inhaltsvermittlung während der Qualifizierungsphase darstellen. Aus diesem Grund findet im Rahmen der Einführungsphase in der Regel nur rudimentär ein Kurssystem statt. Stattdessen erfolgt der Unterricht normalerweise im Klassenverband.

Die Qualifizierungsphase dient anschließend der direkten Vorbereitung auf das Abitur und folgt dem klassischen Kurssystem. Hierbei wird der Klassenverband aufgelöst und die Unterrichtung erfolgt in den einzelnen Kursfächern gemeinsam für alle Besucher einer Jahrgangsstufe, welche die gleichen Kurse belegt haben.

Grund- und Leistungskurse: die Abiturschwerpunkte

Entscheidet man sich für die Sekundarstufe II im Rahmen des Abitur Nachholens, so muss man mit Ende der Einführungsphase inhaltliche Schwerpunkte setzen. Dabei stehen

  • sprachlich-künstlerische,
  • gesellschaftswissenschaftliche und
  • mathematisch-naturwissenschaftliche

Fächer zur Auswahl.

Im Rahmen der Akzentuierung müssen nun zwei, in manchen Bundesländern auch drei, Leistungskursfächer definiert werden. Diese werden ergänzt um bis zu zehn Grundkursfächer. Gewisse Mindeststunden in den klassischen Hauptfächern wie Mathematik, Deutsch und Fremdsprachen sind jedoch obligatorisch, ebenso wie die Teilnahme am Sportunterricht.

Bezüglich der Grund- und Leistungskurse sollte man wissen, dass

  • die Grundkurse allgemeine Inhalte vermitteln und als Kurse mit grundlegendem Anforderungsniveau bezeichnet werden. Die Abiturprüfungen müssen bezüglich der Grundkurse in zwei bis drei Fächern mündlich oder schriftlich abgelegt werden.
  • die Leistungskurse vertiefte Inhalte vermitteln und als Kurse mit erhöhtem Anforderungsniveau bezeichnet werden. Die Abiturprüfungen finden in allen beiden oder dreien Leistungskursfächern statt.
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